Fridolin (13 juli 2018)

access_time 15-07-2018

Lieber, lustiger, sanftmütiger Fridolin, mit deiner langen Schnauze… Es tut mir so leid, dass ich dich nur so kurze Zeit kennen durfte. Adriaan schrieb uns eine E-Mail, in der er uns von dir erzählte. Dass er dich schon ein paar Tage lang im Maisfeld hinter der Pferdeweide hatte rennen gesehen. Und dass er dich mit Äpfeln gelockt hatte, auf die du ganz wild warst. Und natürlich mit Wasser, denn das ist in dieser Trockenheit nirgends zu finden. Und dass du in der Pferdebox übernachten durftest, weil die im Sommer sowieso nicht benutzt wird. Du hattest eigentlich bei Adriaan und Antje bleiben sollen, aber die Pferde wollten das nicht, und ein einsames Schwein ist auch nicht ideal. Fröhlich zockeltest du hinter ihnen her in die Futterkammer. Du fühltest dich vollkommen zuhause.

Wir fanden, dass ein Schweinchen wie du, das den Mut gehabt hatte, aus der Industrie zu entwischen, einen Platz bei uns bekommen durftest. Denn dein Fluchtversuch sollte nicht vergebens gewesen sein: du hattest bewiesen, dass du ein tapferes Kerlchen warst, das dafür sorgen konnte, ein besseres Leben zu bekommen. Und das durftest du hier auch haben, in einer feinen Gruppe mit lauter Artgenossen. Darum brachten Adriaan und Antje, die dir den Namen Fridolin gegeben hatten, weil er so gut zu dir passte, dich zu uns. Fröhlich und neugierig marschiertest du aus dem Anhänger, begleitet von Adriaan, während auf der anderen Seite Antje, Nina, Jacqueline und Janny Spalier standen. Ich filmte es, und ich sah ein lebenslustiges Ferkel in den Quarantänestall einziehen.

Dort musstest du erst noch bleiben, denn es war gut zu sehen, dass du nicht schon an deinem ersten Lebenstag kastriert worden warst, wie das sonst bei Ferkeln der Fall ist. Adriaan fütterte dir noch Stückchen Brot und Apfel, die du, anscheinend durch die Aufregung, keines Blickes würdigtest. Wir sahen aber gleich zu Beginn, dass etwas mit dir nicht stimmte, als ob du deinen Darm entleeren müsstest, aber das nicht könntest. Dadurch formte sich eine seltsame Beule unter deinem kupierten Schwänzchen… Aber erst mal abwarten, Nina holte erst einmal einen Eimer mit Futterbrei, so dass du dich von den Tagen des Umherrennens im Maisfeld erholen konntest. Aber anders als andere Schweinchen deines Alters interessiertest du dich dafür gar nicht…
Am Abend lauschtest du erstaunt dem Krähen der Hähne. So etwas hattest du noch nie gehört. Später sah ich, dass du schön eingeschlafen warst in einem selbstgemachten Nest aus Stroh. Ich hatte dich bereits lieb gewonnen. Am nächsten Morgen warst du wieder genauso fröhlich wie am vorigen Tag. Zwei Mal sahen wir dich essen, aber sicher nicht so viel, wie ein Kerl deines Alters normalerweise essen würde. Adriaans Äpfelchen ließt du auch liegen. Und wieder sah ich jedes Mal, wenn du am Pressen warst, die Beule, ohne dass etwas heraus kam. Ich sendete Fotos zum Tierarzt, und der kam, sobald er Zeit hatte. Er sah sofort, dass es nicht gut aussah… Wahrscheinlich hattest du eine Verletzung, die nie behandelt worden war durch denjenigen, der für dich hätte sorgen sollen. Die Verletzung war schlecht verheilt, und zusammen mit dem Narbengewebe bewirkte sie, dass dein Darmausgang zugewachsen war. Eine Operation war nicht mehr möglich; der Tierarzt sagte, dass er dich einschläfern müsste, weil du sonst mit großem Leid verhungern müsstest…

Ich wollte, ich hätte das ändern können. Dass du hier das Leben hättest leben können, das du suchtest, als du aus deinem Stall entwischtest. Aber es sollte nicht sein. Es war zu spät. Du hättest früher medizinische Pflege bekommen müssen. Aber das warst du deinen Vorbesitzern wahrscheinlich buchstäblich und sprichwörtlich nicht wert. Wir werden immer stolz auf dich sein, weil du versucht hast, dein eigenes Leben zu leben, anstelle des Lebens, dass für dich mit dem Schlachtmesser an der Kehle geendet hätte. Leider endete dein viel zu kurzes Leben heute doch noch durch die Nachlässigkeit dessen, der dich eigentlich zur Schlachtbank führen wollte…

Wir werden dich nie vergessen. Ruhe sanft, lieber, lustiger, sanftmütiger Fridolin…

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